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Bruttonationalglück (BNG)

Bruttonationalglück (BNG, englisch: Gross National Happiness, GNH) ist der Versuch, den Lebensstandard in breit gestreuter, humanistischer und psychologischer Weise zu definieren und somit dem herkömmlichen Bruttonationaleinkommen, einem ausschließlich durch Geldflüsse bestimmten Maß, einen ganzheitlicheren Bezugsrahmen gegenüberzustellen.

Ursprung

Der Ausdruck wurde 1979 von Jigme Singye Wangchuck, dem damaligen König von Bhutan, geprägt, in Entgegnung auf ein Interview mit einem indischen Journalisten, der sich nach dem Bruttoinlandsprodukt von Bhutan erkundigt hatte.

Der König wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er sich einer Wirtschaftsentwicklung verpflichtet fühle, die Bhutans einzigartiger Kultur und ihren buddhistischen Werten gerecht werde. Bhutan hat zu diesem Zweck mit der Kommission für das Bruttonationalglück eine Staatskommission eingesetzt.

Bedeutung

Während konventionelle Entwicklungsmodelle das Wirtschaftswachstum zum herausragenden Kriterium politischen Handelns machen, nimmt die Idee des Bruttonationalglücks an, dass eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft nur im Zusammenspiel von materiellen, kulturellen und spirituellen Schritten geschehen kann, die einander ergänzen und bestärken. Die vier Säulen des Bruttonationalglücks sind

  • die Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung,
  • Bewahrung und Förderung kultureller Werte,
  • Schutz der Umwelt und
  • gute Regierungs- und Verwaltungsstrukturen.

Bruttonationalglück lässt sich nur schwer objektiv messen und unterliegt einer Reihe von subjektiven Werturteilen. Dies ist bei üblichen Wirtschafts- und Sozialmodellen gleichermaßen der Fall. Da die entscheidende Frage ist, wer die Eckpunkte des Bezugsrahmens definiert, kommt der Art und Weise der politischen Willensbildung, insbesondere der Diskussion im Rahmen der Verfassungsgebung von 2008 in Bhutan große Bedeutung zu.

Erhebungen in Bhutan

Die erste offiziell durchgeführte Bruttonationalglück-Befragung fand im Jahr 2008 statt. Der Fragebogen enthielt 750 Fragen, die sowohl subjektiver als auch objektiver und offener Art waren. Die Befragung umfasste 950 Teilnehmer; das Ausfüllen des Fragebogens nahm zwischen fünf und sechs Stunden in Anspruch. Am Ende der Auswertung wurde ein erster Index erstellt, der aber durch die geringe Stichprobengröße nicht als valide gilt.

Die zweite offizielle Erhebung des Bruttonationalglücks fand im Jahr 2010 statt. Zwischen April und Dezember waren fünf Teams mit insgesamt 55 Beamten im ganzen Land unterwegs, um 7142 Menschen zu befragen. Eine Befragung dauerte durchschnittlich drei Stunden. Diese repräsentative Befragung ergab einen Index von 0.743 für Bhutan, mit 40,9 % glücklichen Menschen. Dabei waren Männer durchschnittlich glücklicher als Frauen, Städter glücklicher als Menschen auf dem Land und die Zufriedenheit der Menschen mit ihrer Gesundheit war am besten ausgeprägt.

Die dritte offizielle Erhebung fand zwischen Januar und Mai 2015 statt. Die Befragung von 7153 Menschen ergab einen Index von 0.756, was einer 1,7 prozentigen Verbesserung des Indexes von 2010 entspricht und für 43,4 % glücklicher Menschen in Bhutan steht.

Vergleichbare Indikatoren

Einen ähnlichen Weg gingen Ecuador und Bolivien mit der Verankerung des indigenen Prinzips des Sumak kawsay („gutes Leben“, spanisch „buen vivir“) in der ecuadorianischen Verfassung von 2008 und der bolivianischen Verfassung von 2009.

Das New Economic Foundation’s Centre for Well-Being in London erstellt den Happy Planet Index, der Lebenserwartung und Zufriedenheit der Bevölkerung in Relation zum ökologischen Fußabdruck (Ressourcenverbrauch) setzt. Der Index wurde von Robert Stavins, einem Wirtschaftswissenschaftler der Harvard University, kritisiert, weil er lediglich die ideologische Voreingenommenheit seiner Autoren widerspiegele.

In Deutschland nahm im Januar 2011 die Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität des Bundestages die Arbeit auf, welche nach einer möglichen neuen Messzahl für Wohlstand und Fortschritt suchen soll jenseits der Wachstumsfixierung des bisher alles beherrschenden Maßstabs Bruttosozialprodukt sowie der bisher nicht bzw. ungenügend berücksichtigten Kosten z. B. des Naturverbrauchs oder des Artensterbens. Die Kommission setzt sich aus siebzehn Abgeordneten aller Fraktionen sowie siebzehn Fachleuten zusammen.

Ein Ergebnis der Kommission sind die W3-Indikatoren, die im Gegensatz zum BIP ganzheitliche Wohlstands- und Fortschrittsindikatoren sind. Die W3-Indikatoren beinhalten neben wirtschaftlichen Faktoren auch Indikatoren über Soziales und Teilhabe sowie zur Ökologie. Es werden 10 Indikatoren zu diesen drei Gruppen bemessen. Diese beziehen sich auf das BIP pro Kopf, Einkommensverteilung, Staatsschulden, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit, Freiheit, Treibhausgase, Stickstoff und Artenvielfalt.

Seit 2011 bemisst zudem der World Happiness Report der UNO die Lebenszufriedenheit der meisten Völker der Erde.


Quellen

Bildernachweis

Siehe auch